Wie Bolle

Wie Bolle

Fundort: Persönliches Gespräch

Das ist ein wirklich sehr hübscher Ausdruck. Die eher langweiligen Fakten betreffen seine Herkunft: Offenbar stammt der Ausdruck zweifelsfrei aus dem Volkslied „Bolle reiste jüngst zu Pfingsten“, das um die Jahrhundertwende (1900) entstand und in den 1920ern Verbreitung fand und beliebt wurde. In dem Volkslied tritt eine kernige Figur mit dem Spitznamen Bolle auf (berlinisch für Zwiebel, vgl. auch Zibolle), die sich durch keinen Schicksalsschlag kleinkriegen lässt, sondern sich entgegen widrigster Umstände freut. Ein wenig erinnert dieser Bolle an den biblischen Hiob, minus Selbstwahrnehmung. Bolle wird zum Beispiel verprügelt, aber er freut sich – wie Bolle eben.

Heute hat sich offenbar die Vorstellung durchgesetzt, dass der Ausdruck typischerweise in zwei Wendungen vorkommt, einmal als „sich freuen wie Bolle“, dann auch als „frech/stolz sein wie Bolle“ – beide Male hat er die Funktion einer Intensitätspartikel (wie „sehr“ oder „hammer“). Tatsächlich wird er aber offenbar seit seiner Entstehung nicht nur für Freude, Stolz und Frechheit verwendet, sondern kann für jede Art der Intensivierung verwendet werden. Dies lässt sich im DWDS ausgerechnet mit einem Beispiel aus dem Nazi-Propagandaroman Der Hitlerjunge Quex (1932) belegen: „Die Säge war scharf wie Bolle!“. Die Zielgruppe des Romans war die Hitlerjugend, woraus man immerhin ersehen kann, dass der im Erscheinungsjahr 1932 bereits sechsundvierzigjährige Verfasser Karl Aloys Schenzinger den Ausdruck „wie Bolle“ als hammerderb krasse Jugendsprache empfunden haben muss.

Eine weitere populäre Variation der Wendung lautet „sich wie Bolle auf den Milchwagen freuen“ – im DWDS etwa für 1925 beim werten Kurt Tucholsky belegt: „Ick amüsier mir wie Bolle uffn Milchwagen und wünsche, es möge nie, nie aufhören“. Dies bezieht sich auf die sogenannten Bolle-Milchwagen der Meierei C. Bolle des Unternehmers Carl Andreas Julius Bolle, die zur gleichen Zeit wie das Entstehen des Volksliedes durch Berlin kurvten. Es handelt sich hier aber offenbar um eine Zusammenlegung der beiden zufällig räumlich und zeitlich kontig auftretenden „Bolle“-Verwendungen. Vor allem der Wikipedia-Artikel weist darauf in untypischer Manier nachgerade aggressiv hin: „Es gibt weder eine Beziehung zum Berliner Großkaufmann Carl Bolle noch zum Brandenburger Frisör Fritze Bollmann.“

Und, wo wir dabei sind, hier das Highlight aus der Diskussionsabteilung des Wikipedia-Artikels. Offenbar schlug jemand vor, dass „Scotland the Brave“ musikalische Elemente von Bolle enthält:

 == Schottische Nationalhymne in der JBO Version ==
…da kommt’s raus: die wikipedia-hengste hören alle jbo. das erklärt einiges. (“nicht [[Hilfe:Signatur|signierter]] Beitrag von“ [[Spezial:Beiträge/79.253.52.137|79.253.52.137]] ([[Benutzer Diskussion:79.253.52.137|Diskussion]]) 02:23, 17. Mai 2010 (CEST))

Daydreamer90 kann diese „beim besten Willen nicht heraushören“ und hält die Tatsache für nicht relevant.
Dabei ist die schottische Nationalhymne in leicht abgeänderter Version der Hauptbestandteil des Liedes. Es beginnt sogar damit.–[[Benutzer:Miko007|Miko007]] 04:06, 4. Mär. 2008 (CET)
: Damit keine Missverständnisse auftretet, möchte ich anfügen dass es sich um „Scotland the brave“ handelt, da Schottland ja 3-inofizielle Hymnen sein eigen nennen zu pflegt ;-)–[[Benutzer:Miko007|Miko007]] 04:20, 4. Mär. 2008 (CET)
Ich hab mir wie gesagt alle 3 angehört, also auch Scottland the brave, und kann des nicht mit einer der vielen Bolle-Versionen identifizieren, die auf meinen CDs sind. –[[Benutzer:Daydreamer90|Daydreamer90]] 21:03, 4. Mär. 2008 (CET)

Dito, von persönlichem Empfinden bedarf es einer fachlich fundierten Quelle für diesen Vergleich. Ansonsten als TF abzulehnen. Bolle ist ne volkstümliche Melodie, samt entsprechender 5 Ton Klangfolge. Mag sein, daß Ähnliches auch in Schottland komponiert wurde, Identität ist zumindest bis jetzt aber nicht nachgewiesen.[[Benutzer:-OS-|Oliver S.Y.]] 23:27, 4. Mär. 2008 (CET)
:Also wenn das Intro von [http://de.youtube.com/watch?v=dE_YRZ2CDj8 diesem] Lied nicht mit [http://de.youtube.com/watch?v=LvQvw3e3JEY diesem] übereinstimmt, dann stimmt auch irgendwas mit euren Gehörgängen nicht. Dazu bedarf es keiner Fachkundigen Quelle, das hört ein blinder mit Krückstock heraus.–[[Benutzer:Miko007|Miko007]] 02:48, 5. Mär. 2008 (CET)

OK, kürzen wir ab. JBO singt nicht das Lied, um das es hier geht, sondern hat etwas eigenes aus den beiden Melodien und einem neuen Text geschaffen. Kann nur am Liedanfang paar Töne der schottischen Melodie hören, die aber offensichtlich nicht ins komplette Lied integriert wurde. Denke, somit muß der Hinweis auf die Gruppe entfernt werden, da die Bedeutung der Gruppe für die Liedgeschichte nicht ausreicht.[[Benutzer:-OS-|Oliver S.Y.]] 06:29, 5. Mär. 2008 (CET)

 

1 Kommentar

  1. Wolfgang Krahn sagt:

    Es könnte berücksichtigt werden, das die Firma „Bolle Meierei“ bereits ab 1887, von Moabit aus die ganze Stadt Berlin mit den Milchtransportern, belieferte.
    Das Lied dagegen, entstand erst um die Jahrhundertwende (1900) und fand um 1920 seine Verbreitung.
    1881 starte Bolle mit drei weißen Pferdewagen. Seit dieser Zeit kennt man das „Bolle-Logo“ und die beiden Kinder ein Junge als Kutscher und ein Mädchen (Milchmädchen-Rechnung), zum Kassieren .
    Der Junge hatte eine Handglocke mit der er Aufmerksamkeit erregte.
    İch wurde 1939 geboren und kann. mich gut an die „Bolle-Milchwagen“ erinnern. Es wurde von ihnen auch „Stangeneis“ zur Kühlung ausgefahren und verkauft.

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